Achtes Kapitel

Wien, Österreich, 23.12.1997, Büro der Interpol

Es war an der Zeit, Hannes Gschwendt, meinen Boß, ganz einzuweihen. Ich hatte mittlerweile genug Material um ihn zu überzeugen, jemanden an diesem Fall arbeiten zu lassen, und ich legte ihm dieses Material vor. Er nickte nur während ich sprach, er unterbrach mich nicht.
Wir saßen in seinem Büro, von weihnachtlicher Stimmung war nicht viel zu bemerken. Der Docht der Bienenwachskerze auf dem Tannenzweiggesteck war noch weiß. Die große rote Masche und die goldenen Tannenzapfen waren mit Schnee aus dem Spray verziert, in Weihnachtspapier gewickelte Geschenke auf seinem Schreibtisch und auf der Besucherbank waren die einzigen Attribute an die kommenden Festtage.
Ich berichtete ihm von meinem Gespräch mit Probst und dessen Vermutungen, Bayerl könnte in Waffen- und Drogenhändlergeschäfte verwickelt sein.
"Und, was ist dran?", wollte Hannes wissen.
"Ich habe lange darüber nachgedacht. In Einzelheiten spielt sicherlich die Phantasie Probsts eine Rolle. Aber nicht nur. Soviel ich bisher herausgefunden habe – bei weitem bin ich noch nicht durch den ganzen Akt – muß ich sagen, es besteht die Möglichkeit, daß Weissensteiner mit den Morden, für die er verurteilt wurde tatsächlich nichts zu tun hatte. Ich finde, es ist was dran. Wir sollten es den Kollegen von der Mordkommission übergeben."
Er stand auf, trat zum Fenster und schwieg eine Zeit lang. Dann sagte er: "Mach es selbst."
Ich arbeitete eigentlich an einem anderen, aktuellen Fall und war überrascht von seiner schnellen und eindeutigen Reaktion. Er wollte mir den Fall übertragen, weil er meinte, ich sei schon ein wenig eingearbeitet. Aber ich hatte ihm noch nicht alles gesagt.
"Es gibt da noch etwas", druckste ich herum. Ich reichte ihm die Liste mit den Namen der dreizehn Salzburger Polizisten. Er las sie durch, zog die Augenbrauen hoch und blickte mich fragend an.
"Ja?"
Ich wußte nicht, wie ich ihm das schonender beibringen konnte, also platzte ich mit den Vorwürfen heraus: "Es besteht ein Verdacht gegen diese Kollegen, den ich noch nicht überprüfen konnte."
Wieder las er die Liste durch. Einige Namen waren ihm bekannt, über andere wußte er nichts. Ich konnte ihm lediglich ihre Dienstgrade und die Abteilungen nennen. "Sie sollen involviert sein."
"Alle?"
"Alle."

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